Derivate Steuer
  • 28 Jul, 2021
Aktuelles zur Derivate Steuer

Anfang des Jahres hat das Bundesfinanzministerium die Einführung der Derivate Steuer beschlossen. Allen voran gingen hier Olaf Scholz (SPD) und Lothar Binding (SPD). Das Ergebnis ist uns allen inzwischen bekannt: Verluste sind nur bis zu max. 20.000,00 € auf Gewinne anrechenbar. Alles darüber hinaus muss versteuert werden. Nun hat das Bundesfinanzministerium (BMF) bekannt gegeben, welche Produkte zu diesen Termingeschäften zählen. Und siehe da: Optionsscheine und Zertifikate sind von der Derivate Steuer ausgenommen. Optionen, Futures, CFDs und Forwards hingegen zählen zu den Termingeschäften. Für diese Produkte wird ein eigener Verlustverrechnungstopf „Termingeschäfte“ eingeführt. Ausschließlich innerhalb dieses Topfes können Verluste auf max. 20.000,00 € begrenzt angerechnet werden.

Ausnahme: Optionsscheine & Knock-Out Zertifikate

Warum wurden nun also Optionsscheine und Zertifikate von der Derivate Steuer ausgenommen? Hierzu argumentiert Dr. Henning Bergmann, geschäftsführender Vorstand des Deutschen Derivate Verbandes (DDV): „Es ist eine gute Nachricht für viele Anlegerinnen und Anleger, denn sie können die diversen Absicherungsmöglichkeiten dieser Wertpapiere nun weiterhin auf vielfältige Weise nutzen“. Und auch Marc Tüngler, Hauptgeschäftsführer der Anlegerschutzgemeinschaft DSW ist der Meinung, dass dadurch der Schaden für Anleger begrenzt wurde.

Halten wir fest – Zertifikate und Optionsscheine zählen nicht als Termingeschäfte und sind damit nicht Inhalt der Derivate Steuer. Diese können damit weiterhin als Absicherungsmöglichkeit benutzt werden, was den Schaden, vor allem für Kleinanleger, begrenzt.

Was sich hinter Zertifikaten & Optionsscheinen verbirgt

Betrachten wir einmal „Knock-Out Zertifikat“. Hört sich nicht wirklich nach einer Absicherung an oder? Der sogenannte Knock-Out ist uns doch allen vom Boxen bekannt, wenn der Gegner KO geschlagen wird. Nun gut, es wäre natürlich möglich, dass dieses Wort in diesem Zusammenhang etwas ganz anderes bedeutet. Deshalb beleuchten wir das Ganze einmal genauer:

Zertifikate wie Optionsscheine sind Finanzanlageprodukte mit einem vergleichsweise großen Hebel. Es kann mit wenig Einsatz ein hoher Gewinn erzielt werden oder im Umkehrschluss ein Totalverlust des eingesetzten Kapitals. Mit Knock-Out Zertifikaten wettet man auf den Kursanstieg oder –fall von Aktien. Setzte ich beispielsweise ein Long Knock-Out Zertifikat auf Aktie X und der Kurs steigt um 10%, erhalte ich nicht nur die 10% Kurssteigerung, sondern durch den Hebel eine vermeintlich höhere Summe, wenn der Kurs zum Stichtag T diesen Wert erreicht, auf den ich wette. Gleichzeitig erleide ich einen Totalverlust, fällt die Aktie unter einen bestimmten Kurswert. Der Investor der Aktien hingegen hätte nur den Verlust der Differenz des gefallenen Kurses zu verbuchen und kann die Aktie weiter halten, bis sie wieder an Wert gewinnt.

Mit Optionsscheinen verhält es sich ähnlich. Der Anleger wettet auf das Szenario von fallenden oder steigenden Kursen. Einfaches Beispiel: Aktie X hat einen Börsenwert von 80 € heute. Ein Anleger kauft einen Optionsschein auf Aktie X mit dem Basiswert von 100 € heute, Stichtag T. Er spekuliert also darauf, dass der Kurs von Aktie X zum Stichtag T weit über 100 € steigt. Er macht dabei Gewinn, wenn die derzeit bei 80 € notierte Aktie bei Fälligkeit des Optionsscheins deutlich über das Niveau von 100 € gestiegen ist. Entscheidend ist dabei der ausgewählte Hebel. Ein zweifacher Hebel etwa besagt, dass der Wert des Optionsscheins zweimal so stark steigt wie der Wert der Aktie, also der Basiswert. Sinkt jedoch der Kurs, erleidet der Anleger einen Verlust in Höhe des damaligen Optionsschein-Preises. Der Unterschied zwischen KO Zertifikaten und Optionsscheinen liegt in dem Einbezug der Volatilität. Optionsscheine sind umso teurer, je höher die Volatilität des Basiswertes geschätzt wird. Wohingegen bei KO Zertifikaten die Volatilität nicht mit einbezogen wird.

Anlegerschutz oder doch KO Kriterium?

Natürlich kann man mit einigen dieser Produkte sein Depot absichern. Die klassische Variante ist das allerdings nicht. Normal kaufen Investoren Optionen oder Futures zur Absicherung gegen Wertverlust. Denn fällt der Kurs der Aktie unter einen vorher festgelegten „Knock-Out“ Wert, erleidet der Anleger einen Totalverlust. Und die Absicherung ist dann auch vorbei. Er ist damit KO gegangen. 😉 Bei Optionen oder Futures ist das nicht der Fall.

Erlassen wurde das Gesetzt zur Verlustbegrenzung von Derivaten unter dem Gesichtspunkt des Anleger Schutzes. Kleinanleger verspekulieren sich häufig und sollen mit der Verlustbegrenzung davor geschützt werden. Dass nun Optionsscheine und Zertifikate davon ausgenommen sind, macht de facto keinen Sinn. Vor allem mit Optionsscheinen und Zertifikaten wird spekuliert, da es hochgehebelte Produkte sind. Junge Anleger, die noch wenig Erfahrung haben, verlieren vor allem hier ihr Geld. Denn sowohl Optionsscheine als auch KO Zertifikate sind komplizierte Finanzprodukte, da sind sich Experten einig. Blickt man in die USA, wird das nochmal bestätigt. Hier wurde der Verkauf von Zertifikaten an Privatanleger VERBOTEN! Fraglich, weshalb dann genau diese Finanzprodukte von der neuen Steuerregel unter der Prämisse des Kleinanleger Schutzes ausgenommen sind.

Der Antwort auf diese Frage können wir näher kommen, wenn wir einen weiteren Punkt in unsere Überlegung miteinbeziehen: Optionsscheine wie auch Zertifikate werden hauptsächlich von Banken herausgegeben. Für jeden verkauften Optionsschein/Zertifikat bekommen die Banken also ein kleines Sümmchen an Provision. Alle weiteren Überlegungen hierzu möchte ich nun den Gedanken des Lesers überlassen. 😉

Tipps für den privaten Anleger

Die Argumentation des Kleinanleger Schutzes konnte man noch zu Teilen nachvollziehen. Mit der Ausnahme von Optionsscheinen und Zertifikaten aus der Derivate Steuer, hat sich das BFM allderings ins eigene Bein geschnitten. Das Konstrukt der Derivate Steuer ist juristisch fragwürdig und widerspricht der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs. Dieser hat bereits für Aktien beschlossen, dass es für die steuerliche Verrechnung von Totalverlusten keine Begrenzung geben darf, (Az.: VIII R 34/16) sowie, dass es keinen separaten Aktienverrechnungstopf geben darf (Az.: VIII R 11/18). So hat der BFH vor kurzem auch ein Schreiben veröffentlicht, wonach die neue Rechtsprechung verfassungswidrig sein könnte. Es bleibt zu hoffen, dass die Entscheidung über den Verhalt mit Aktien das Grundlagenurteil bildet und auch so auf Termingeschäften Anwendung findet. Der DSW rät Anlegern in ihrer Steuererklärung die Verluste trotzdem nach der alten Regelung zu verrechnen und gegen einen ablehnenden Steuerbescheid Einspruch einzulegen bis juristische Klarheit besteht. Nur so können private Anleger von einer zukünftigen Rechtsprechung des BFH profitieren. Auch ich handhabe das zukünftig so.

4 Antworten auf „Aktuelles zur Derivate Steuer“

Hallo, tolle Website habt Ihr hier! Macht weiter so! Ihr tradet also auch weiter privat? Dachte schon ich bin der einzige 🙂 Aber besteht für uns nicht die Gefahr, dass das Gesetz erst in vielen Jahren gekippt wird? Wenn da irgendwas schief geht, haben wir sehr hohe Steuerschulden. VG, Tom

Hallo Tom,

dankeschön :). Nicht ganz, ich handle privat bis zur 20k grenze und dann weiter in der GmbH. Ich komme aber sehr leicht über die 20k drüber, so war das auch 2021 da bin ich auch ca. 7k drüber geschossen. Ich werde meine Steuererklärung aber ganz normal, nach dem alten Prinzip einreichen. Sollte es seitens FA was zu beanstanden geben, dann lege ich einen Widerspruch ein bis das ganze endgültig geklärt ist, so wie es der DSW empfiehlt. Wenn das ganze Thema doch zum Nachteil von uns Trader ausgeht muss man hier irgendwann die Steuer nachzahlen eingschl. Zinsen (Nicht die üblichen 4% sondern Leitzinsangepassten ;)). Solange behalte ich mein Geld, einschl. theoretischer Steuer und Handle damit.  Von mir aus kann die Klärung dann auf sich warten, ich nutze derweilen den Zinseszins ;P.

Für die Trading Community, hoffe ich allerdings das der Missstand bald beseitigt ist.

Viele Grüße

Stefan

Hallo Stefan,

danke für deinen Artikel.
Jetzt noch eine Frage von mir als Laien. Wenn meine Frau und ich beide das Depot halten und Traden, bleibt die Verlustverrechnung bei 20.000€ oder kann man 40.000€ geltend machen?

Schöne Grüße
Andreas

Hallo Andreas,

vielen Dank für dein Kommentar.

Das weiß ich leider nicht genau. Normalerweise sollte es aus meinem logischen Verständnis heraus so sein. Am besten frägst du dazu aber nochmal bei deinem Steuerberater nach.

Viele Grüße
Stefan

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